Über das Schreiben mit der breiten Feder

Wie du mit der breiten Feder schreibst

Wenn du die Kunst des schönen Schreibens erlernen willst, dann triffst du früher oder später auf die Breitfeder. Man nennt sie auch Bandzugfeder, weil der Strich, der mit ihr erzeugt wird, einem flatternden Band gleicht. Sie sieht aus, als hätte man von einer spitzen Feder ein kleines Stück weggeschnitten. Statt einer Spitze besitzt sie eine breite Federkante. Hier auf dem Bild siehst du eine solche     Feder mit einem Tintenreservoir daneben. Das wird auf die Feder geschoben und dient der Speicherung eines kleinen Tinten – oder Tuschevorrats. Um mit der Feder überhaupt schreiben zu können wird diese in einen Federhalter gesteckt. Das sieht dann fast so aus wie ein Füller. Hier empfehle ich, Federhalter aus unbehandeltem Holz zu verwenden. Sie liegen noch am besten in der Hand.

Wie der Name Bandzugfeder schon sagt, erfolgt der Gebrauch mit ziehenden Schreibbewegungen. Ein flüssiges Schreiben, wie du es bei deiner Handschrift mit Kugelschreiber beispielsweise gewohnt bist, ist in diesem Falle nicht oder nur schwer möglich. Die Federkanten sind sehr scharf und führen bei verkanteten, schiebenden Schreibbewegungen dazu, dass das Papier aufgespießt, durchlöchert und zerstört wird. Es ist also sehr wichtig, darauf zu achten, wie die Feder benutzt wird. Deshalb sollte beim Erlernen der Kalligrafie für dich an erster Stelle stehen, sich mit dem Schreibwerkzeug zu beschäftigen, es kennen – und beherrschen zu lernen. Auf dem nachfolgenden Bild findest du eine kleine Auswahl von 21 Übungselementen für die Bandzugfeder. Regelmäßiges trainieren dieser Elemente trägt dich ein großes Stück weiter in die Welt der schönen Schriften.

 

Auch sehr wichtig – wie wird Federhalter und Feder gehalten? Ich halte den Federhalter zwischen Daumen und Zeigefinger und auf dem Mittelfinger liegt der Federhalter auf. So halte ich alle meine Schreib – und Zeichengeräte. Wichtig ist, dass das Schreibgerät gerade nach vorn gerichtet ist und nicht nach links zur Seite abgewinkelt zeigt. Diese Ausrichtung behältst du beim Schreiben immer bei. Die Hand an sich bewegt sich beim Schreibvorgang überhaupt nicht. Die eigentlichen Bewegungen erfolgen durch den Ober – und Unterarm. Die Hand hält den Federhalter nur in der richtigen Position fest und führt ihn leicht gleitend über das Papier.

Wie die Feder zum Schreiben auf dem Papier angesetzt wird, ist ein weiterer sehr wichtiger Punkt. Dieser sogenannte Federwinkel entscheidet darüber, ob die Schrift am Ende so aussieht wie sie aussehen soll. Federwinkel – was ist das nun wieder? Der Federwinkel beschreibt die Stellung der Federkante zur Grundlinie der Schrift. Und diese Stellung gibst du der Feder mit deiner Hand. Dieser Winkel variiert von Schrift zu Schrift und wird beim Schreibvorgang nicht mehr verändert. Das ist sehr wichtig!!!

Wenn Du die Feder mit dem Federhalter im richtigen Winkel ansetzt und einen kurzen senkrechten Strich erzeugst, dann sollte er so aussehen, wie auf der Skizze im Bild hier nebenan zu sehen ist. Das solltest du mit verschiedenen Positionen etwas üben! Viel Spaß dabei!

 

Wie kommt die Schreibflüssigkeit – Tinte, Tusche oder Farbe an die Feder? Das ist eine gute und wichtige Frage. Man könnte meinen, na in das Tinten – oder Tuschefass eintauchen und dann geht es los. Kann man so machen, führt aber zu unbefriedigenden Ergebnissen. Die Schreibflüssigkeit befindet sich dann überall, auch da wo sie nicht sein soll. Am besten ist es, wenn du zum Befüllen der Feder eine kleine  Pipette oder einen alten Malpinsel (den du dann nur noch dafür benutzt) verwendest. Die Tinte oder Tusche beförderst du dann in den Zwischenraum, zwischen  Tintenreservoir und der eigentlichen Feder.

Durch den Spalt in der Feder gelangt dann die Tinte oder Tusche an die Federspitze und du kannst schreiben. Der Spalt hat nämlich die Funktion, die Schreibflüssigkeit an die Federspitze zu transportieren. Was wiederum auch bedeutet, dass, wenn der Spalt der Feder nicht auf dem Schreibgrund aufsitzt, du mit der Feder nicht schreiben kannst.

Bei einigen Schriften ist es notwendig, die Feder beim Schreiben langsam auf die Kante zu drehen, um den Schriftzug zu modulieren. Da wird aber nur schon auf dem Papier befindliche, noch nasse Tinte oder Tusche verteilt – es kommt keine neue Schreibflüssigkeit hinzu.

Hinweis: Nach dem Befüllen der Feder nicht sofort an deiner Arbeit weiterschreiben, sondern die ersten zwei drei Federstriche auf ein separat dafür bereitgelegtes Probierblatt ausführen. Damit vermeidest du zu satt aufgetragene Federstriche oder gar Kleckse, die nach einer Neubefüllung der Feder auftreten können!

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe verschiedenster Schreibgeräte zu kaufen oder du stellst dir selbst Einige her. Sie haben alle eines gemeinsam, sie werden genau so benutzt, wie die Bandzugfeder. Die Schreibspitze ist bei allen breit ausgeformt und das Schreiben funktioniert auf gleiche Weise wie bei der Bandzugfeder.

¨ Federkiel (das Schreibgerät aus dem Mittelalter)

¨ Bambusfeder

¨ Schilfrohr

¨ Qalam (persische Kalligrafie)

¨ Kalligrafiefüller

¨ Automatic Pen

¨ Pilot Parallel Pen

¨ Kalligrafie – Filzstifte

¨ Flachpinsel

¨ Holzleisten (z.B. aus Balsaholz)

¨ Doppelbleistift

 

Nun kann es eigentlich losgehen mit dem Schreiben von schönen Buchstaben und  Schriften.

Vorab solltet du aber noch wissen, dass die Buchstaben, damit sie schön aussehen, in einer bestimmten Größe geschrieben werden sollen. Wie groß genau, hängt im Speziellen immer von der Schriftart ab und ist in den Schreibanweisungen meist mit angegeben. Allgemein gilt, dass die Buchstabengröße von der Breite der Federkannte abhängt und in den daraus folgenden Federbreiten gemessen und angegeben wird.

 

Auf dem Bild oberhalb wird dieser Sachverhalt sichtbar.

Auf der Grundlinie stehen alle Buchstaben. Die kleinen Buchstaben, auch Minuskel genannt, haben hier eine Höhe von 5 Federbreiten (Fb). Die kleinen Vierecke am linken Bildrand stellen die Federbreite dar, ein Viereck entspricht einer Federbreite. Die kleinen Buchstaben, die eine Oberlänge besitzen, wie das kleine „l“ haben noch einmal 5 Federbreiten nach oben und damit eine Gesamthöhe von 10 Federbreiten. Die kleinen Buchstaben mit einer Unterlänge, wie das kleine „j“ zum Beispiel, haben zusätzlich 5 Federbreiten nach unten und sind so auch insgesamt 10 Federbreiten hoch.

Die Großbuchstaben, auch Majuskel genannt, sind von der Grundlinie gemessen    8 bis 8,5 Federbreiten hoch. Ja, sie sind etwas kleiner als ein Kleinbuchstabe mit einer Oberlänge. Je nach Art der Schrift weichen die hier getätigten Angaben dann entsprechend ab. Sie sind auch nicht als Dogma zu sehen und sollten den gestalterischen Erfordernissen angepasst werden.

Betrachte sie als Ausgangspunkt für deine schriftkünstlerische Tätigkeit!

 

Und nun viel Freude und Spaß bei dem Schreiben mit der breiten Feder!

Auf Anfrage sende ich dir den Artikel auch als PDF per E-Mail zu!

 

Frank Niemann

 

Kategorien

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Ich freue mich auf deine Nachricht.